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Steuern in der Antike
Seit dem frühen Altertum existieren für
Steuern verschiedenste Bezeichnungen z.B. Tribut, Zehnter, Zins
oder Zoll. Neben der traditionellen Berechtigung aus Steuern
gemeinschaftliche Bedürfnisse zu finanzieren, so zeugen doch
einige Begründungen zugunsten der Einführung von neuen
Steuern von bemerkenswerter Kreativität seitens des
Staats.
Ägypten und Mesoptamien
Erste Belege zu staatlichen Abgaben gibt es im
dritten Jahrtausend v.Chr. aus Ägypten. Hier verwalteten
Schreiber die Steuer zu Ernten und erhoben einen Nilzoll. Zu
städtischen Hochkulturen in Mesopotamien ist die
Steuererhebung geschichtlich verbürgt. Hier führte die
Tempelverwaltung Buch und besteuerte den Fischfang und die Haltung
von Vieh.
Assyrien und Persien
Das assyrische und auch das persische Reich,
sowie später zeitweise auch das römische Reich,
verzichteten in ihren Blütezeiten auf die Besteuerung der
eigenen Bürger. Der staatliche Finanzbedarf deckte sich aus
Tributen, die man den Völkern aufzwang, welche in Kriegen
besiegt und unterworfen wurden.
Griechenland
Indirekte Steuern wie z.B. Zölle, die
Arbeits- und Dienstleistungen der Bürger von Athen, sowie die
umfassende Besteuerung aller Nicht-Athener finanzierten das
Staatswesen in Griechenland, Der Parthenon auf der Akropolis war
temporär die Schatzkammer zur Verwahrung der
Steuereinnahmen.
Rom
Zu Beginn der römischen Königszeit (753
- 510 v.Chr.) wurden die Staatsaufgaben in vielen Fällen durch
die Bürger selbst bewältigt. Ausnahmen waren
außergewöhnliche Situationen z.B. Kriege, bei denen
Abgaben (tributum) aus dem Vermögen erhoben wurden. Zur
Steuerveranlagung (census) wurden zwei hohe Staatsbeamte (censores)
gewählt, die die Steuererklärungen (professiones) der
Bürger prüften und die Steuern eintrieben.
Ab dem 3. Jahrhundert v.Chr in der Zeit der
römischen Republik (509 - 133 v.Chr.) expandierte das
römische Reich. Durch die zunehmende Anzahl an Provinzen und
tributpflichtiger Reiche konnte der staatliche Finanzbedarf
befriedigt werden. Auf Basis dieser positiven Finanzlage konnten
die römischen Bürger im Jahr 167 v.Chr. von den direkten
Steuern befreit werden.
In den Provinzen verwalteten Prokuratoren die
direkten Steuern (Grund- und Kopfsteuer). Die Erhebung der
indirekten Steuern (Nutzungs- und Wegegelder, Zölle) wurde
verpachtet. Dieses System der Steuerpächter (publicani)
führte zu Korruption und Ungerechtigkeiten. Erst Augustus
handelte und legte die gesamte Steuererhebung wieder in die
Hände von staatlichen Beamten, den Quästoren.
In Palästina, das seit 63 v.Chr. dem
römischen Reich tributpflichtig war, wurde zur Zeit von Jesus
Geburt eine Steuerschätzung (census) durch eine
Volkszählung mit Aufzeichnung der Bevölkerung und ihres
Vermögens durchgeführt. Neben den römischen Steuern
wurden noch erhebliche religiöse Abgaben fällig: Der
Zehnte, der eine Zwangsabgabe seitens der Priester und Leviten
darstellte, sowie die Tempelsteuer zur Deckung der Kosten des
öffentlichen Kultus.
Den Germanen, die in vorrömischer Zeit statt
einer Besteuerung nur die "freiwilligen Ehrenabgaben" an den
Fürsten kannten, soll der Versuch der Steuererhebung durch die
Römer den Anlass zur Schlacht im Teutoburger Wald gegeben
haben. Westlich des Rheins setzte sich die römische
Finanzverwaltung durch und wurde von dem in Treverum (Trier)
ansässigen Provinzialprokurator geleitet.
Mit dem Niedergang des römischen Reiches
wurden, bei steigenden Staatsausgaben, die Steuereinnahmen geringer
und der Staatsschatz (aerarium), der bis dahin im Saturntempel
verwahrt und vom Senat überwacht worden war, wurde zugunsten
des kaiserlichen Sondervermögens (fiscus) aufgelöst.
Genötigt, nicht nur die Kosten des römischen Etats zu
decken, sondern auch eine möglichst große Steigerung des
Privatvermögens zu erwirtschaften, zeigen sich die ersten
geschichtlich verbürgten Kuriositäten in der
Steuergesetzgebung: "Pecunia non olet" (Geld stinkt nicht). Dieser
wohlbekannte Ausdruck wurde von Kaiser Vespasian verwendet, um eine
Steuer auf öffentliche Bedürfnisanstalten zu
rechtfertigen.
Als weiteres Kuriosum für eine gute
Einnahmequelle mussten seit Caligula alle Huren Steuern
gemäß ihres Einkommens an den Staat entrichten. Die
Erlaubnis zur Prostitution setzte eine amtliche Registrierung
(heute: Anmeldung des Gewerbes mit Gewerbeschein) voraus und zog
die Besteuerung nach sich. Diese Abgabe an den Staat, auch als
Schandlohn (unus concubitus) tituliert, wurde täglich erhoben.
Durch die Zahlung der Steuer war das ansonsten schändliche
Prostitutionsgewerbe geduldet. Die Steuer hatte somit eine
katalytische Wirkung.
Die Steuerarten im Römischen
Reich
Welche Steuern man im Römischen Reich zu
bezahlen hatte, hing im wesentlichen davon ab, über wie viel
Grundbesitz man verfügte und wo man wohnte. Das italische
Kernland war von 167 v.Chr. bis in augusteische Zeit fast
gänzlich steuerbefreit; sowie auch einige wenige privilegierte
Städte ausserhalb Italiens. Rein rechtlich betrachtete man die
Provinzen als Eigentum Roms, sodass die dortige Bevölkerung
lediglich Besitzrechte wahrnehmen konnte und folglich
steuerpflichtig waren. Cicero formulierte dies als quasi victoriae
praemium ac poena belli (Siegesrendite und Kriegsstrafe). Die
Bevorzugung Italiens sollte erst unter Diocletianus aufgehoben
werden.
Die Steuerleistung wurde - zumindest belegt für die
republikanische Zeit und in der Kaiserzeit für einige
Provinzen im Osten - im Pulk vorgeschrieben. Es oblag den
Steuerpächtern bzw. der Steuerverwaltung diese Summe auf Basis
der Gesetze aufzutreiben und auf die verschiedenen Steuerarten
aufzuteilen. Natürlich gab es hierzu Voranschläge, sodass
die Zahlen im allgemeinen nicht aus der Luft gegriffen waren. Bei
guter Einnahmenlage konnte es durchaus passieren, dass manche
Gegenden und Personen glimpflicher davon kamen als andere. Unter
Caesar mussten sowohl Gallien als vermutlich auch Ägypten je
40 Millionen Sesterzen aufbringen. Im weiteren eine Auflistung der
Steuern im römischen Reich von der Republik bis in die
Spätantike:
-
Allgemeine Abgabe (tributum)
Die Tribute waren die ältesten Abgaben in Rom und dürften
ursprünglich ein munera publica (öffentliche
Pflichtleistung) gewesen sein, die der Staat erhob und bei
Überzahlung auch zurückerstatten konnte - jedoch nicht
musste. Die Einhebung erfolgte nur im Bedarfsfall und auch die
Höhe richtete sich danach. Erst als die römischen
Soldaten zwecks Unterhalt einen fixen Sold erhielten wurde sie
jährlich in der römischen Bürgerschaft
erhoben.
Mit der Expansion Roms über Italien hinaus und der
Möglichkeit besiegten Völkern Abgaben aufzuerlegen wurde
ab 167 v.Chr. - nach dem Dritten Makedonischen Krieg - auf eine
Erhebung verzichtet. Damit waren alle römischen Bürger
steuerbefreit. Ab 43 v.Chr. wurden im Zuge des römischen
Bürgerkrieges mit seinen enormen Unterhaltspflichten für
Soldaten wieder Tribute von römischen Bürgern erhoben,
die jedoch Augustus 6 n.Chr. beseitigte und durch die vicesima
hereditatum (Erbschaftssteuer) ersetzte. Die Form eines allgemeinen
Tributs wurde nie wieder erhoben.
-
Grundsteuer (tributum soli)
Die Grundsteuer, auch stipendium genannt, war eine der
ältesten Abgaben Roms. Diese wurde vermutlich zunächst
mit dem allgemeinen Tribut gleichgesetzt oder mit ihm verbunden und
wurde auf Basis des Grundvermögens erhoben. Hierbei kamen
verschiedene Bemessungen zur Anwendung. Entweder gab es eine
allgemeine Quote, die vom jährlichen Ertrag zu entrichten war,
oder einer fixen Abgabe in Geld bzw. Naturalien unabhängig von
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Beim ager publicus
(Staatsland) wurde nach zweiter Methode verfahren, ebenso in der
Proinz Asia mit einem festen Satz per iugerum (römisches Joch)
Getreideland unabhängig von der Ertragsstärke.
Gänzlich vorab zu entrichtende Steuern scheinen eher auf
Sonderkulturen (Wein, Öl) erhoben worden zu sein.
Bestens informiert ist man über das Steuerwesen in
Sizilien, welches die Römer von Hieron II.
übernahmen. Gefordert wurde der zehnte Teil des
Ertrages der gesamten Landwirtschaft. Jedes Jahr wurde von den
Grundbesitzern eine professio (Bekanntgabe der zu säenden
Menge an Getreide) abverlangt, auf dessen Basis die Berechnung
ruhte. Für spezielle Kulturen wie Obst- oder Weinbau gab es
eigene Steuerbücher mit Angaben zu deren Erträgen. Auf
Basis dieser Angaben schätzte man den Gesamtertrag und
versteigerte den zehnten Teil davon als Steuer auf ein Jahr an
private Steuereinnehmer. Die Pächter verhandelten dann mit den
Landwirten und bei einer guten Ernte machten sie einen
entsprechenden Schnitt; bei einer schlechten zahlten sie
drauf.
In Ägypten führte man das System der
Ptolemäerkönige weiter mit seinem überaus exakten
und an moderne Verhältnisse erinnernden Kataster. Aufgrund
seines Kornreichtums und dem entsprechenden Bedarf in Rom leistete
die Provinz den grössten Teil der Grundabgaben in Naturalien
(d.h. Getreide, aber auch Wein und Öl).
In der hohen Kaiserzeit unterschied man zwischen stipendiaria
(steuerpflichtiger Besitz in senatorischen Provinzen) und
tributaria (steuerpflichtiger Besitz in kaiserlichen Provinzen).
Diese Differenzierung legt eine ebensolche bei der Steuererhebung
nahe, doch gibt es keine Nachrichten darüber und ist somit
reine Spekulation.
Für den ager privatus ex iure Quiritium (das italische
Kernland) und die civitates immunes (privilegierte Städte)
bestand hinsichtlich der Grundsteuer seit dem 2.Jh.v.Chr. eine
Befreiung, die jedoch nicht für deren Besitz an Grund und
Boden in anderen Provinzen galt.
-
Kopfsteuer (tributum capitis)
Eine effiziente Form der direkten Personenbesteuerung hatten die
Römer in Ägypten kennengelernt. Augustus reformierte das
vorhandene System 30 v.Chr. und übertrug es schrittweise auf
die anderen Provinzen des Reiches, wobei die Bemessung je nach
Provinz unterschiedlich ausfallen konnte. In Syrien etwa mussten
Männer vom 14. bis zum 65. und Frauen vom 12. bis zum 65.
Lebensjahr die Kopfsteuer entrichten. Die Höhe orientierte
sich im wesentlichen an der Kopfzahl einer Familie;
Vermögensverhältnisse oder Einkommen spielten keine
Rolle. Römische Bürger in Italien und die Bewohner
einiger privilegierter Städte (wie etwa Alexandria in
Ägypten) brauchten diese Steuer nicht zu bezahlen.
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Fünfprozentige Erbschaftssteuer (vicesima
hereditatium)
Um auch aus dem italischen Kernland Steuerleistungen zu erhalten
und nicht auf das überkommene tributum zurückgreifen zu
müssen, führte Kaiser Augustus im Jahre 6 n.Chr. diese
Steuer ein. Von ihr befreit waren lediglich die allernächsten
Verwandten und arme Leute. Kaiser Traianus entsteuerte schliesslich
noch kleine Erbschaften unabhängig von Verwandtschaftsgrad und
Vermögensverhältnissen. Mit dieser Massnahme wurde die
Steuerbürokratie entlastet. Mit der Ausdehnung des
römischen Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner
durch Caracalla wurde die Zahl der Steuerpflichtigen drastisch
erhöht. Parallel verdoppelte er kurzfristig den Steuersatz auf
eine decima hereditatium und hob alle Befreiungen auf. Trotz dieser
Massnahmen ging die Bedeutung der Erbschaftssteuer zurück, ehe
sie unter Diocletianus aufgehoben wurde.
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Fünfprozentige Freilassungssteuer (vicesima
libertatis)
Parallel zur gleich hohen Erbschaftssteuer führte Kaiser
Augustus diese Abgabe im Jahre 6 n.Chr. ein. Sie wurde vom
Kaufpreis der freigelassenen Sklaven bemessen. Mit der Vergabe des
römischen Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner
durch Caracalla wurde die Zahl der potenziellen Steuerpflichtigen
deutlich erhöht. Mit dem Rückgang der allgemeinen
Sklaverei im 3.Jh.n.Chr. verlor die Steuer zusehends an Bedeutung,
ehe sie Kaiser Diocletianus parallel mit der Erbschaftssteuer
aufhob.
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Kriegsbeuten (spolia)
Seit dem Anbeginn Roms finanzierten sich viele Kriege im Nachhinein
durch den Gewinn aus Kriegsbeute. Während in der späten
Republik sich vor allem die Feldherren bereichern konnten, wurde in
der Kaiserzeit der überwiegende Teil der kaiserlichen Kasse
abgeliefert. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass die Beute
oft einen hohen Anteil an Kunstwerken hatte und diese in aller
Regel der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und
somit keiner monetären „Verwertung“ unterlagen.
Das System funktionierte so lange, wie Kriegsbeute errungen werden
konnte. Im 3.Jh.n.Chr. befand sich das Römerreich jedoch in
der Defensive und die Kriegskosten konnten nicht mehr durch
Beutegewinne verringert werden. Dieser Umstand trug wesentlich zur
Änderung des römischen Steuerwesens bei.
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Militärnaturalabgabe (annona militaris)
Infolge der Zerrüttung des Geldwesens mit immer
minderwertigeren Münzen, erlangte die Naturalwirtschaft mehr
und mehr an Bedeutung und eben diesem Umstand trug die Reichsreform
des Diocletianus Rechnung. Nach der Abschaffung diverser in Geld zu
entrichtender Steuern wurden verpflichtende Lebensmittellabgaben an
Heer und Verwaltung endgültig reichsweit eingeführt.
Sporadisch hatte es sie bereits in der hohen Kaiserzeit gegeben,
doch handelte es sich stets um eine Sondermassnahme in
Kriegszeiten, die während der Epoche der Soldatenkaiser jedoch
permanent zunahmen. Um die Einhebungseffizienz zu steigern, wurde
sie im 3.Jh.n.Chr. parallel mit der Grundsteuer veranlagt, zu der
sie ein prozentueller Aufschlag war. Als Berechnungsbasis dienten
spätestens seit Diocletianus spezielle Militärmasse -
z.B. der modius castrensis (Lagerscheffel) - und obrigkeitlich
festgesetzte Preise - vgl. hierzu das Diocletianische Preisedikt.
Mit seiner Steuerreform wurde die annona militaris zur Hauptsteuer
des spätantiken Imperiums, die auf sämtliches
landwirtschaftliches Vermögen erhoben wurde.
Als nach mehreren Anläufen die Währung im Laufe des
4.Jh.n.Chr. einigermassen stabilisiert werden konnte, begann die
Steuerverwaltung den Naturalisierungsprozess schrittweise
rückgängig zu machen und erhob die Abgaben wieder in
barem Gelde - vornehmlich in Gold. Im 5.Jh.n.Chr. war diese
adaeratio (Adäration) dann endgültig Standard geworden
und wurde bis zum Untergang des Byzantinischen Reiches
beibehalten.
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Zivilnaturalabgabe (annona civica)
Da sich der Staat zusehends um die Grundversorgung der Städter
kümmern musste - die eigentlich zuständigen Ratsherren
zogen sich aus Steuergründen immer mehr zurück - wurde
diese Abgabe in ebendiesen Städten erhoben. Der
Einhebungsmodus entsprach jener der Militärnaturalabgabe. Die
dadurch gesammelten Lebensmittel kamen den mehr oder minder
bedürftigen Einwohnern zugute.
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Zwangskauf von Nahrungsmitteln (coemptio)
Um die zunehmende Unausgewogenheit zwischen Verbrauchs- und
Produktionsgebieten in den Griff zu bekommen, sah sich der
römische Staat in der Spätantike (spätestens seit
Mitte des 4.Jh.n.Chr.) mehr und mehr dazu genötigt dringend
benötigte Nahrungsmittel auf Vorrat aufzukaufen. Diese wurden
nach vorgegebener Menge und zu einem festgesetzten Preis
eingetrieben. Dabei handelte es sich aber nicht um eine
flächendeckende Massnahme - wenn auch sie stetig zunahm -,
sondern um vorausschauende Notmassnahmen. Eine fixe Regelung ist
denn auch erst im Jahre 498 n.Chr. unter Kaiser Anastasius I.
für das oströmische Reich belegt. Demnach durfte die
coemptio nur in Notfällen und dann auch nur auf Basis eines
kaiserlichen Befehls durchgeführt werden. Leidtragende waren
stets Bauern und Grundeigentümer, aber auch Teile der
Stadtbevölkerung, wenn sie in der landwirtschaftlichen
Produktion tätig waren. In aller Regel wurde die coemptio
nicht als Sondersteuer erhoben, sondern konnte auf andere zu
zahlende Steuern angerechnet werden und war somit eine Art
Vorschussleistung.
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Militärkleiderabgabe (canon vestium)
In der Spätantike gestaltete sich auch die Versorgung des
Militärs mit adäquater Kleidung als immer schwieriger.
Deshalb führte man mit dem canon vestium eine Kleiderabgabe
ein. Der Wert diverser Kleidungsstücke wird etwa im
Diocletianischen Preisedikt u.a. auf Basis ihrer
Steuervorschriftsmässigkeit festgesetzt. Es ist davon
auszugehen, dass Tuniken, Mäntel und Schuhe zu stellen waren.
Als Bemessungsgrundlage diente das Vermögen und man konnte die
Abgabe auch in Geld leisten, was wohl eher für die gering
Steuerpflichtigen von Vorteil war. Grossgrundbesitzer besassen
häufig entsprechende Wirtschaftsbetriebe, welche die
geforderten Kleidungsstücke liefern konnten. Für
Ägypten des Jahres 377 n.Chr. waren je 30 iuga (eine
spätantike Steuereinheit) eine militärische
Ausrüstung zu stellen war.
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Pferdeabgabe (collatio equorum)
Wie der canon vestium sollte diese Abgabe - im wahrsten Sinne des
Wortes - einen Mangel des spätantiken Heeres beheben,
nämlich jenen an Pferden. Sie scheint von allen
landwirtschaftlichen Grundbesitzern eingehoben worden zu sein.
Steuerpflichtig waren aber auch die besitzlosen Kolonnen. Sie
hatten Militärpferde zu stellen und von einer Ablöse in
Geld ist nichts bekannt.
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Rekrutenabgabe (aurum tironicum)
Grundbesitzer mussten dem Staat eine festgelegte Anzahl von
Rekruten für die Armee stellen, da der freiwillige Zustrom zu
den Legionen praktisch zum Erliegen gekommen war. Mit dieser
Massnahme wollte man auch den römischen Anteil der Armee nicht
noch weiter absinken lassen. Für Grossgrundbesitzer war dies
kein Problem; Eigentümer kleinerer Landwirtschaften wurden
steuertechnisch zu capitula (umgangssprachlich auch temones
genannt) zusammengeschlossen. Die Zahl der zu stellenden
Männer richtete sich nach der Höhe des Vermögens,
das in der Spätantike praktisch gleichbedeutend mit
Grundbesitz und entsprechendem Personal war. Es scheint einige
wenige Ämter und Würden gegeben zu haben, die eine
Befreiung von dieser Last bedeuteten. Reihum stellten die
Grundeigentümer jährlich den capitularius (oder
temonarius), welcher die Rekruten auszuwählen oder bei
Nichtstellung die Ersatzsumme einzukassieren hatte. Es wird
angenommen, dass er mit seinem Vermögen für die Erhebung
haftete. Da es jedoch keine Berichte über Beschwerden in
diesem Punkt gibt, ist wahrscheinlich, dass das System weitgehend
funktioniert hat.
Da die Grundbesitzer aber auf ihre besten Männer nicht
verzichten wollten, war die Bestechung der Rekrutierer durch die
capitularii gang und gäbe, damit sie mindertaugliche
Männer annahmen. Um dieser Praxis entgegenzuwirken, konnte
anstatt der Männer schliesslich die erwähnte Geldleistung
in Gold erbracht werden. Über ihre erstmalige Erhebung ist
nichts bekannt, doch könnte sie unter Diocletianus aufgekommen
sein, da eine erstmalige Nennung in das Jahr 295 n.Chr. weist.
Häufig geübte Praxis war sie seit der 2.Hälfte des
4.Jh.n.Chr. Aus dieser Zeit sind zwei Beträge
überliefert: 36 Solidi und seit Arcadius 25 Solidi per Rekrut.
Da in Mehrheit Geldleistungen erbracht wurden, setzte man das Geld
sogleich ein für die Stellung der Rekruten zu bezahlen. So
erhielt der Besitzer eines Kolonnen von den erwähnten 36
Solidi 30 ausbezahlt und der Ausgehobene bekam 6 Solidi. Dies war
wohl mit ein Grund, das das System mehr oder minder funktionierte.
Immerhin blieb damit das Geld in der Region. Kaiser Theodosius
erhöhte Anfang des 5.Jh.n.Chr. das Rekrutenäquivalent 30
Solidi.
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Umsatzsteuern
Bis in das augusteische Zeitalter scheinen die Römer von
Umsatzsteuern verschont gewesen zu sein. Augustus führte eine
allgemeine Verbrauchssteuer von 1 % ein und besteuerte den Verkauf
von Sklaven mit 4 %. Tiberius sah sich gezwungen den allgemeinen
Satz vorübergehend zu verdoppeln, was ein Hauptgrund für
manche Unbeliebtheit dieses Kaisers war. Leider ist sowohl
über nähere Bezeichnungen, Veranlagung und
Erhebungsmethode nichts bekannt.
In der Spätantike wurde die Erhebung von Umsatzsteuern infolge
des schrumpfenden Handels und der zahllosen germanischen
Raubzüge immer mehr zum Problem. Im Jahre 444 n.Chr. ordnete
deshalb Kaiser Valentinianus III. im Westreich (ob sie auch im
Ostreich galt ist unbekannt) die Erhebung neu und führte das
siliquaticum als Ersatz ein. Auf alle Warenverkäufe lag nun
ein Steuersatz von 1/24 des Warenwerts (= 4 1/6 %), den sich
Käufer und Verkäufer zu teilen hatten.
Um auch die Händler mehr ins Steuersystem einzubinden, schuf
Kaiser Konstantin mit dem chrysargyron (auch collatio lustralis
auri argentive; functio auraria, pensio auraria, aurum
negotiatorum) eine Handels- und Gewerbesteuer, die schliesslich
auch von Prostituierten und Lustsklaven zu entrichten war. Dem
Namen nach war sie in Gold und Silber zu entrichten. Leider ist man
über die Veranlagung und die Höhe nicht informiert.
Für Veteranen und Kleriker bestanden gewisse Befreiungen. Sie
wurde nicht jährlich, sondern nur alle fünf Jahre
erhoben. Befreit von ihr waren alle Grundbesitzer und Kolonnen,
sowie Senatoren und Dekurionen aber interessanterweise auch
Kleinstgewerbetreibende. 498 n.Chr. kam es zur Abschaffung dieser
Steuer, ohne dass hierfür die Gründe bekannt sind.
Eine Umsatzsteuer auf Grundverkäufe gab es offenbar nur in
Ägypten. Dort musste der Verkäufer den zehnten Teil des
Ertrages abliefern. Die Steuersätze für andere Waren
waren in Ägypten unterschiedlich hoch. Obwohl auch hier nur
von untergeordneter Bedeutung, wurden wohl die meisten
Umsatzsteuereinnahmen in Ägypten erzielt.
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Sondergrundsteuer für bevorrangte soziale Schichten
(collatio glebalis)
Kaiser Konstantin führte 312/313 n.Chr. mit der collatio
glebalis eine Sondersteuer auf den Grundbesitz von Senatoren und
Mitgliedern der kaiserlichen Familie ein. Es gab drei
Steuerklassen, die je nach Grundvermögen mit 2, 4 oder 8
Folles (vermutlich per iugum = 2520 m² im Durchschnitt)
veranlagt waren. Die Bemessungswerte der Flächeneinheiten
waren damals nicht einheitlich, sodass ein gleiche Fläche
Weinstöcke einen höheren Normalflächentarif hatte,
als Ackerland. Unter Follis ist hier nicht die Münze, sondern
der gleichnamige Geldbeutel (möglicherweise zu 12.500 Denaren)
als Rechnungseinheit zu sehen. Damit konnte man die Steuer nicht
nur in Gold, sondern auch in Kupfermünzen entrichten.
Senatoren, die über wenig Grundbesitz verfügten, wurden
seit 393 n.Chr. unter Theodosius I. in eine vierte Steuerklasse mit
7 Solidi (wohl ein Fixtarif) eingereiht.
Von allen in der Spätantike zu zahlenden Steuern war die
collatio glebalis jene, die am schwersten auf der römischen
Wirtschaft lag. Aus diesem Grund wurden im 5.Jh.n.Chr. immer mehr
Befreiungen gewährt. Schliesslich rang sich Kaiser Marcianus
450/455 n.Chr. dazu durch sie abzuschaffen.
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Sonstige Abgaben an den Kaiser
Seit Augustus war es üblich, dass der Kaiser von seinen
Untertanen - gemeint sind die Kommunen - Geldgeschenke annahm. Am
konkretesten manifestierte sich dieser Brauch im aurum coronarium
(Kranzgold), einer persönliche Übergabe vergoldeter
Ehrenkränze durch die Delegationen von Städten und
Provinzen. Augustus nahm allerdings nur das der Provinzialen an und
verzichtete auf jenes der Städte mit römischem
Bürgerrecht. Einige nachfolgende Kaiser - namentlich Tiberius,
Titus, Traianus, Antoninus Pius und Marcus Aurelius - verzichteten
entweder vollkommen auf diese dem hellenistischen Herrscherkult
nahestehende Geste, entlasteten Italien vollkommen oder reduzierten
zumindest ihre Zahl pro Provinz. Erst unter den Severern
häufen sich wieder diese Zahlungen an den Kaiser. In der
Spätantike wurde das Kranzgold von den Ratsherren der
Städte „entrichtet“ und jeder beteiligte sich an
einem Kranz je nach persönlichem Vermögen. Es ist
interessant, dass noch Kaiser Iulianus im Jahre 362 n.Chr. bewusst
die Freiwilligkeit dieser Leistung hervorhob und sie nicht als
Steuer ansah. Dementsprechend scheint es möglich gewesen zu
sein, dass sich Städte auch darum drücken konnten, wenn
ihre wirtschaftliche Lage schlecht war. Iulianus wollte das
Kranzgold nur im Falle extremer Notzeiten fordern, doch schon seine
christlichen Nachfolger verlangten sie regelmässig.
Während der frühen Kaiserzeit gab es weiters den Brauch
der stenuae (Neujahrsgeldgeschenke) an den Kaiser. Die Nachfolger
des Augustus handelten dabei in gleichem Masse wie beim Kranzgold,
doch scheint der Brauch irgendwann im Laufe der hohen Kaiserzeit
abgekommen zu sein. Womöglich stand dies im Zusammenhang mit
anderen Geldgeschenken, die im Rahmen von Geburtstagen,
Jubiläen und militärischen Siegen von den Städten
und Provinzen zu entrichten waren. Eine genaue Regelung scheint es
dabei über die Jahrhunderte hinweg nicht gegeben zu
haben.
Eine ganz spezielle Abgabe war das aurum oblaticium, das der Senat
von Rom dem Kaiser bei besonderen Anlässen - etwa grossen
Regierungsjubiläen - überreichte. Die dabei
überreichten Summen konnten beträchtlich sein. Die
Höhe legte der Senat selbst fest, doch unterliess man es
penibel weniger als beim letzten Mal zu geben. Für die
decennalia (Zehnjahresjubiläum) des Kaisers Valentinianus II.
kamen satte 1600 Pfund (= 523,9 kg) Gold zusammen, was die reichen
Senatoren jedoch leicht aufbringen konnten. Die
Neujahresgeldgeschenke scheinen sich indes nur für die
Provinzialen aufgehört zu haben; im 4.Jh.n.Chr. ist eine
Schenkung der Senatoren zum Jahresbeginn bezeugt. Es scheint sich
dabei jedoch nicht um eine Geld-, sondern um eine Sachleistung
gehandelt zu haben.
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Steuererhebungszuschlag (epimetrum)
Damit die erhobenen Steuern in vollem Umfang dem Budget zugute
kamen, wurde in der Spätantike die alte römische
Gewohnheit Gesetz, zur abzuliefernden Summe einen zusätzlichen
kleinen Betrag für die Einhebung an die obersten lokalen
Steuereinnehmer zu bezahlen. Dies waren in aller Regel die
decuriones (Ratsherren) der Städte. Mit dieser Praxis sollten
die Kosten des im Prinzip halbprivaten Finanzapparates abgedeckt
werden. Gleichzeitig bedeuteten sie für die Dekurionen eine
wichtige Einnahmequelle, da sie auch persönlich für das
Steueraufkommen hafteten. Die Höhe der Zuwendungen in
republikanischer oder der hohen Kaiserzeit sind leider nicht
bekannt. Die beste Fundlage ergibt sich für Ägypten. Im
Jahre 349 n.Chr. - bei Gesetzwerdung - wurde das epimetrum mit 1 %
festgesetzt (möglicherweise einfach aus der langjährigen
Praxis übernommen), 386 n.Chr. wurden die Beträge
für einzelne abzuliefernde Produktgruppen erhöht (Weizen
2 %, Gerste 2,5 %, Öl & Wein je 5 %). Der papyrologische
Befund kennt jedoch auch öfters Sätze von 10 % und einmal
sogar 22 %. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um Luxuswaren
handelte. Auch ein Zusammenhang mit dem Erhebungs-, Lagerungs- und
Transportaufwand in öffentliche Speicher ist anzunehmen.
Quellen: F.M.Ausbüttel "Die Verwaltung des
römischen Kaiserreiches", H.Kloft "Die Wirtschaft des Imperium
Romanum", DeMartino "Wirtschaftsgeschichte des alten Rom",
H.Pleticha & O.Schönberger "Die Griechen" & "Die
Römer", "Der kleine Pauly"
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